Zentrum für Digitale Souveränität der öffentlichen Verwaltung

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Digitale Lösungen

Die zunehmende Digitalisierung verändert alle Arbeitsbereiche – auch die der Öffentlichen Verwaltung – umfassend und mit hoher Dynamik. Mit der zunehmenden Digitalisierung des Verwaltungshandelns steigt auch die Bedeutung der zugrundeliegenden Informations- und Kommunikationstechnologien und damit die mögliche Abhängigkeit zu einzelnen Herstellern. Um souveränes Handeln auch im digitalen Zeitalter gewährleisten zu können, sind von der Öffentlichen Verwaltung eine Vielzahl von Handlungsfeldern (z. B. Software, Hardware, IT-Infrastruktur, Kompetenzen) zu betrachten. Da kritische Defizite in einem der Bereiche die Digitale Souveränität insgesamt beeinträchtigen können, sind diese – sofern identifiziert – zeitnah durch entsprechende Maßnahmen zu adressieren.

In Folge haben Bund, Länder und Kommunen im Rahmen eines gemeinsamen Eckpunktepapiers beschlossen, die Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung zu stärken. Dieses Vorhaben wurde in der Strategie zur Stärkung der Digitalen Souveränität von Bund, Ländern und Kommunen weiter konkretisiert. Ein zentrales Element des Strategiepapiers ist die Diversifizierung und Schaffung von Alternativen, um insbesondere durch europäische Lösungen und Open Source Software-Ansätze bestehende Abhängigkeiten aufzulösen. Nur mit der Schaffung von Alternativen lässt sich eine Hybridstrategie perspektivisch effektiv umsetzen. Aktuell fehlt der Öffentlichen Verwaltung eine Ebenen übergreifende organisatorische Einheit, die mit der notwendigen Flexibilität und Dringlichkeit die Stärkung der Digitalen Souveränität der Öffentlichen Verwaltung vorantreiben kann.

Zielbild

Zielbild des Zentrums in einer ersten Ausbaustufe ist es, die Verfügbarkeit moderner, leistungsfähiger und skalierbarer Open Source Software-Lösungen sicherzustellen sowie den Einsatz von Open-Source-Software in der Öffentlichen Verwaltung zu forcieren. Dabei soll das Zentrum als Kompetenz- und Servicezentrum fungieren und nicht als IT-Dienstleister im Sinne eines Betreibers oder Bereitstellers von Rechenzentrumsleistungen agieren.

Da bisherige Vorhaben nicht föderal übergreifend (d. h. für Bund, Länder und Kommunen) das Thema Standard-Arbeitsplatzumgebung adressieren, dieses aber eine der zentralen Komponenten einer souveränen Softwarelandschaft darstellt, soll das Zentrum für Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung (Arbeitstitel) in einem ersten Schritt die Konzeption eines leistungsfähigen, sicheren und souveränen Open Source Software-basierten Arbeitsplatzes für die Öffentliche Verwaltung steuern und koordinieren.

Aufgabe

Das Zentrum soll als Bindeglied zwischen Öffentlichen Verwaltung und Akteuren des Open Source-Ökosystems fungieren, Markttrends eruieren, Ideen, Anregungen und Anforderungen der Öffentlichen Verwaltung aufnehmen und diese in Open Source-Communities/ -Markt kommunizieren. Durch die Initiierung und Betreuung kollaborativer Projekte sollen passgenaue Open Source Software-Lösungen für die Öffentliche Verwaltung geschaffen und auf einem zentralen Marktplatz angeboten werden. Die durch das Zentrum für Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung (Arbeitstitel) geförderten Lösungen sollen dabei auf offenen Standards, offenen Schnittstellen und einer modularen Architektur basieren sowie Kompatibilität zur bestehenden IT der Öffentlichen Verwaltung gewährleisten, um zukünftig größtmögliche Interoperabilität und Flexibilität zu erzielen.

Open Source

Open Source Software zeichnet sich durch die Einsehbarkeit und Veränderbarkeit des zugrundeliegenden Quellcodes aus. Open Source Software bedeutet nicht nur Zugriff auf den Quellcode, die Distributionsbedingungen von Open Source Software müssen auch weitere Kriterien, bspw. in Bezug auf die Modifizierung, die Integrität des Codes und die Verhinderung von Diskriminierung erfüllen. Bereits heute wird Open Source Software in vielen großen Unternehmen aufgrund des Innovationspotentials, der kollaborativen Arbeitsweise und der hohen Sicherheit eingesetzt.

Der Einsatz von Open Source Software stärkt die Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung entlang der drei eng verzahnten strategischen Ziele:

  1. Die Wechselmöglichkeit der ÖV in Bezug auf Komponenten, Anwendungen und Anbieter wird durch die Nutzung alternativer, quelloffener IT-Lösungen gestärkt. Einerseits basieren OSS-Produkte weitgehend auf offenen Standards und Schnittstellen, was die Interoperabilität und damit flexible Austauschbarkeit von IT-Komponenten und Anwendungen ermöglicht (Modularität). Andererseits werden durch den Dienstleister-Bezug (Open Source Software-Produkte können, im Gegensatz zu proprietärer Software, i. d. R. durch mehrere Distributoren angeboten werden) Lock-in Situationen und Abhängigkeiten zu einzelnen Anbietern vermieden.
  2. Die Gestaltungsfähigkeit von Bund, Ländern und Kommunen in Bezug auf ihre IT wird durch den Einsatz von Open Source Software-Lösungen gestärkt. Die Einsehbarkeit und Weiterverteilbarkeit von Source Code als Grundprinzip von Open Source Software fördert die kollaborative Zusammenarbeit.
  3. Die Öffentliche Verwaltung kann durch die Förderung und Nutzung von Open Source Software als Alternative zu herkömmlicher Software ihren Einfluss auf die Anbieter erhöhen. Zum einen wird die Verhandlungsposition und Marktmacht der Öffentliche Verwaltung allein durch die reine Verfügbarkeit leistungsfähiger Alternativlösungen gestärkt. Zum anderen bietet Open Source Software im Speziellen die Möglichkeit, das identische Produkt von mehreren Distributoren – mit teilweise unterschiedlichem Leistungsumfang und Konditionen – zu beziehen, sodass hier weitere Wechseloptionen entstehen, die die Marktposition der Öffentliche Verwaltung weiter stärken.

Ausblick

Um die angedachte Brückenfunktion zwischen Öffentlicher Verwaltung und Akteuren des Open Source-Ökosystems auszufüllen, bedarf es einer agilen Organisation mit spezifischen Freiheitsgraden. Bund und Länder können und sollen als Gesellschafter dieser neuen Organisation fungieren, kommunale Spitzenverbände sollen ebenfalls über entsprechende Governance-Strukturen eng eingebunden werden.

Der Aufbau des Zentrums erfolgt unter der Schirmherrschaft des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik (BfIT). Die Einbindung weiterer Stakeholder wie Länder, kommunale Spitzenverbände und öffentliche IT-Dienstleister soll dabei fortlaufend sichergestellt werden.